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…zum Sportpark

Vor Ihnen liegen das Sportgelände und links das Gebäude mit den beiden markanten Schornsteinen. Beide Einrichtungen durchlebten seit dem Kriegsende 1945 eine wechselvolle Geschichte. In unserer Zeittafel geben wir die Ereignisse gestrafft wieder.

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7. April 1945: Englische Truppen besetzen in der Nacht zum 7. April den nahen Fliegerhorst Wunstorf und befreien am Vormittag das alte Moordorf in Poggenhagen, am Nachmittag auch den Bereich Bahnhof. Bei Kämpfen um den Fliegerhorst kommt es in Poggenhagen zu leichten Schäden durch Granateneinschlag. Deutsche Wehrmachtsangehörige flüchten Richtung Neustadt. Im Keller der Volksschule versammeln sich einige Einwohner des alten Moordorfs und warten auf die fremden Truppen.

8. Mai 1945: Kriegsende in Europa, in Asien wird bis August noch weiter gekämpft. Insgesamt mehr als 55 Millionen Menschen kommen in dem Krieg zu Tode, der am 1. September 1939 mit dem Überfall deutscher Truppen auf Polen seinen Anfang nahm.

18imgSommer 1945: Das Heer der Flüchtlinge aus dem Osten Deutschlands stellt auch die Gemeinde Poggenhagen vor schier unlösbare Aufgaben. Gleichzeitig warten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus vielen europäischen Ländern auf die Rückkehr in ihre Heimat. 130 Polen werden in zwei Lagern beim alten Moorkrug und bei der Villa von Woyna einquartiert. Im Saal der Gastwirtschaft Meyer kommen 60 Griechen und Jugoslawen unter. 70 französische Kriegsgefangene, die auf dem Fliegerhorst eingesetzt waren, campieren bis zur Rückführung auf dem Lindenhof. Versorgt werden sie durch die Hilfsorganisation UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration).

Zeitzeugin und Buchautorin Eva‐Maria Engelmann lebte im Herbst 1946 als 10‐Jährige einige Wochen im Flüchtlingslager. (© Preugschat)

25. Oktober 1945: Die englischen Besatzer des Fliegerhorstes eröffnen ‐ zeitgleich mit dem Lager Friedland ‐ hier an diesem Standort, damals ein Waldstück des Ilschenhofes, das gut erreichbar neben der Versorgungsbahn des Fliegerhorstes liegt, ein Transitlager für 6.000 Personen. Hauptaufgabe: Rückführung Deutscher, die vor der Roten Armee geflohen waren, in ihre Heimat in der Sowjetzone.

Zelte verschiedener Größen aus britischen Beständen werden erstellt. Für die Lagerleitung mit Büropersonal wird ein Landarbeiterhaus des Ilschenhofes beschlagnahmt (heute Ilschenheide Nr. 14). Die englischen Offiziere der Lagerleitung wohnen im beschlagnahmten Gutshaus des Lindenhofes. Mehr als 200 Menschen sind beschäftigt. Die Essensausgabe obliegt dem Deutschen Roten Kreuz.

28. November 1945: Es beginnt die erste Maßnahme, die Aktion 1 Ost‐West. 249.000 Personen (andere Quellen gehen von noch weit mehr Menschen aus), die vor der sowjetischen Armee geflohen waren, werden bis zum 30. Juni 1946 in die Sowjetzone rückgeführt. Bis zu 11.000 Personen hausen gleichzeitig in den Zelten. Die Menschen betteln um Nahrungsmittel bei der Poggenhagener Bevölkerung.

17. Juli 1946: Aktion 2 Ost‐West. Aufnahme von Transporten aus den Gebieten östlich der damals wichtigen politischen Oder‐Neiße‐Linie. 2.150 Personen finden bis zum 16. Juli Aufnahme in Poggenhagen. Während der gesamten Zeit des Transitlagers halten sich hier immer Hunderte weiterer Flüchtlinge und Vertriebene auf, die eine Bleibe suchen oder auf eine Rückkehr in ihre alte Heimat im Osten Deutschlands hoffen (siehe Kasten Engelmann). Milerweile werden die Zelte durch Baracken ersetzt, die aus ehemaligen Reichsarbeitsdienstlagern stammen.

 

Zum zweijährigen Bestehen erscheint eine kleine Festschrift des TRALAPO (Transitlager Poggenhagen).

24. Mai 1948: Während der Aktion 5 Heimkehrer hatten die Verantwortlichen mit einem Ansturm von aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassenen deutschen Soldaten gerechnet. Es kommen bis zum 29. September lediglich 80 Personen. Die meisten hatten schon im Aufnahmelager Friedland Kontakt zu ihren Verwandten aufgenommen.

20. Juni 1948: Bei der Aktion 6 Währungsreform findet die Unterbringung im Transitlager von durch die Währungsreform überraschten Interzonenflüchtlingen (rund 1.500 Personen) wegen der durch die Sowjetunion verhängten Berlinblockade nur in den ersten Tagen statt. Sie finden von da an in der Volksschule Neustadt und auf dem Gutshof in Liethe Unterschlupf.

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Die vielen Helfer zum Beladen der Flugzeuge bei der Berlinblockade logieren in Nissenhütten. (© Wittrock)

24. Juni 1948: Die Berlinblockade durch die Sowjetunion beginnt. Die Stadt wird per Luft aus den Westzonen versorgt. Vom Fliegerhorst Wunstorf starten rund um die Uhr Versorgungsflugzeuge Richtung Berlin. Bis zu 60 Eisenbahnwaggons mit Nahrungsmitteln werden täglich über den Bahnhof Poggenhagen herangeschafft und verladen. Das Beladen der Flieger übernehmen in britischen Diensten stehende ehemalige Wehrmachtssoldaten, so genanntes GCLO‐Personal (German Civil Labour Organisation). Für Hunderte von Helfern werden auf dem Transitlager‐Gelände zusätzlich Baracken und Nissenhütten errichtet. Die Gebäude bleiben über die am 12. Mai 1949 endende Berlinblockade stehen. Bei der GCLO handelt es sich um die Vorgängereinrichtung der 1950 gegründeten German Service Organisation (GSO), deren Mitarbeiter noch einige Jahre auf dem Fliegerhorst tätig sind, später als Zivilbeschäftigte bei der Bundeswehr.

(© Archiv Region Hannover)

Platzmangel in der Volksschule: Von 1951 bis 1955 werden Poggenhagener Kinder zusätzlich in einer leerstehenden GSO‐Baracke unterrichtet, in der sogenannten Waldschule. (© Familienarchiv Steen)

15. Juli 1948: Die Aktion 7 Plane‐Fare (Fluggast) für die durch die Währungsreform in Berlin überraschten Interzonenreisende, die aus der geteilten ehemaligen Reichshauptstadt ausgeflogen werden, wird zwar noch vom Lager aus betreut. Angesichts der Inanspruchnahme der Baracken und Nissenhütten für Piloten und Helfer aufgrund der Berlinblockade finden Empfang und Weiterleitung in der Aufnahmestelle Gasthaus Scholling (heute Landgasthaus Meyer) statt. Bis zum 31.März 1949 sind es rund 11.000 Personen.

20. August 1948: In der Aktion 8 Jugendlager werden in Teilen der Barackensiedlung Jugendliche betreut. Es handelt sich um aus der Sowjetzone geflohene, meist männliche Jugendliche ohne Familienanschluss, die in den Lagern Friedland und Uelzen einquartiert waren. Sie werden nach Poggenhagen verlegt und als Arbeitskräfte in die deutsche Wirtschaft vermittelt, teils bis an den Bodensee. Bis zum 1.10.1951 werden rund 50.000 Jugendliche registriert. Das Lager wird nach Sandborstel und Westertimpke verlegt. Die Mädchen kommen in das Kinderheim Rübezahl bei Eschershausen. Im Gutshaus der Familie Harms wird schon vor der Eröffnung des Jugendlagers eine Krankenstation eingerichtet. Dort sind auch weibliche Jugendliche untergebracht.

Sommer 1950: Die Poggenhagener Schule im alten Moordorf platzt wegen des Zuzugs Evakuierter sowie von Flüchtlingen und Vertriebenen aus allen Nähten. Die Einrichtung einer zweiten Klasse kann die Probleme nicht lösen. Für einen Anbau fehlt das Geld. Der britische Fliegerhorst‐Kommandeur stellt auf dem Lagergelände die nicht mehr benötigte Baracke 14 zur Verfügung. Die Kinder gehen trotz der Entfernung von zwei Kilometern fortan an manchen Tagen in zwei Schulen. Die letzte Einschulung findet im Frühjahr 1955 statt. Nun beginnt der Schulbetrieb in der neuen Volksschule.

1. Oktober 1951: Bis zu diesem Zeitpunkt waren im Lager offiziell 324.210 Personen registriert worden. Andere Quellen gehen von einer weit größeren Durchgangszahl aus.

Sommer 1958: Fast alle Baracken sind verkauft und abgebaut. Das ehemalige Lagergelände fällt in einen Dornröschenschlaf. Die Gemeindeverwaltung möchte ein Baugebiet für Einfamilienhäuser schaffen, denn befestigte Wege und Versorgungsleitungen sind vorhanden. Doch der Bund legt ein Veto wegen des nahen Fliegerhorstes (Lärmentwicklung) ein.

Mitte der 1960er Jahre: Die Gemeinde kann ihr altes Sportgelände zu Bauland machen. Mit einem Teil des Erlöses (100.000 DM) werden 40.000 Quadratmeter des ehemaligen Flüchtlings‐Transitlagers erworben. Ein Sportpark mit drei Fußballfeldern entsteht, der weit über die Grenzen Poggenhagens hinaus große Beachtung findet. Die Gemeinde erwirbt die ehemalige Küche (Gebäude mit den beiden Schornsteinen), die zwischenzeitlich schon als Kirche und Bestattungskapelle genutzt wurde, für 8.000 DM. Für einen zur Küche gehörenden Keller, in dem die Heizung eingebaut wird, zahlt sie 7.000 DM.

19. August 1968: Das fast in Eigenregie von TSV‐Sportlern errichtete Clubhaus wird eingeweiht. Die Baukosten liegen bei 50.000 DM. Die Gemeinde erstattet dem TSV für 1.500 geleistete Arbeitsstunden 6.000 DM.
Auf dem Sportplatz feiern die Fußballer vor allem in den 1970er und 1980er Jahren in höheren Ligen große Erfolge. Sogar Prominenz kickt hier: Die Traditionself des Hamburger SV mit Uwe Seeler an der Spitze gewinnt am 2. April 1976 vor 1.600 Zuschauern gegen eine Auswahl des TSV Poggenhagen mit 4:1.

Promis auf dem TSV‐Platz: Im April 1976 gastiert die Traditionself des Hamburger Sportvereins mit Uwe Seeler an der Spitze und gewinnt 4:1 gegen Poggenhagen. (© Preugschat)

Poggenhagens Bürgermeister Heinrich Brandes eröffnet 1968 den ersten Bauabschnitt des TSV‐Clubheims, das fast in
Eigenleistung der Sportler errichtet wurde. (© Bildarchiv TSV Poggenhagen)

Heute: Das Sportgelände wird nicht nur von den Fußballspielern genutzt, sondern auch für die beliebten Volksläufe. Zudem finden hier Veranstaltungen der Dorfgemeinschaft Poggenhagen statt. Eine Boulebahn erfreut sich großer Beliebtheit.